Der Dialogprozess „Zukunft AUFkatholisch“

Mit vorwiegend negativen Schlagzeilen begleitete die Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren das Geschehen in der katholischen Kirche. Immer bedrückender empfanden viele Katholiken, was an Nachrichten aus ihrer Kirche zu lesen war. Vieles hatte sich angehäuft und musste endlich ausgesprochen werden. Dass die Kirche in einer tiefen Krise steckt wurde offenbar, sie ist nicht nur von den schlimmen Missbrauchsfällen ausgelöst worden. „So konnte es nicht weitergehen“, empfanden viele an der Kirche Interessierte. Die katholischen Laien wollen den Widerspruch von moderner Gesellschaft und kirchlicher Tradition nicht länger ertragen und so haben sie sich mit verschiedensten Aktionen Gehör verschafft. Sie, die sich als Bürgerinnen und Bürger in die Gesellschaftspolitik einmischen, wollen ihrer Meinung gegenüber der Kirchenleitung mehr Geltung verschaffen und so fordern sie deutschlandweit einen Dialog mit ihrer Bistumsleitung ein.

Im Ruhrbistum wurde die Aktion: „Auf!RuhrBistum – Kirche gestalten. Jetzt!“ vom Diözesanrat als Gesprächsplattform initiiert. Insgesamt 2000 Teilnehmer nahmen daran teil. Spätestens seit dem Wort von Erzbischof Zollitsch:- „Die Menschen und die Welt haben der Kirche Entscheidendes zu sagen“ – wurde klar, die Bischöfe wollen zuhören und mit den Laien reden.

Für das Ruhrbistum ergriff Bischof Franz-Josef Overbeck die Initiative und rief unter dem Titel Zukunft AUFkatholisch zu einem breiten Dialog auf.

Am 28. Januar fiel nun mit dem ersten Bistumsforum der Startschuss. Rund 300 delegierte Frauen, Männer und Jugendliche aus dem ganzen Bistum waren gekommen, um mit Bischof Overbeck über die Zukunft ihrer Kirche zu diskutieren. Vom „Feuer Jesu und des Evangeliums“, vom Feuer, das in tiefen Überzeugungen und der Begeisterung in vielen Menschen brennt, sprach der Bischof in seiner Begrüßung.

Domkapitular Dr. Michael Dörnemann beschrieb danach anhand einer Grafik (siehe Abb.) den geplanten Prozessverlauf, der mit den Gesprächsrunden „Auf!RuhrBistum – Kirche gestalten. Jetzt!“ , seinen Anfang genommen hat. Weitere 4 Themenforen und das Abschlussforum des Dialogprozesses werden noch folgen.

Danach begann die erste Gesprächsrunde in 35 Kleingruppen. Es wurde geredet über die Hoffnungen und Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Dialogprozess und über die Frage: Warum bin ich heute Christin/Christ?- War zunächst aus vielen Gruppen die Skepsis über den Veränderungswillen der Bistumsleitung zu vernehmen, so .veränderte sich die Stimmung mit jeder Gesprächsrunde. Von persönlichen Enttäuschungen, wie z.B. der Ausgrenzung Wiederverheirateter, wird ebenso geredet wie über das Pflichtzölibat und Abtreibungen. Die vorsichtige Zurückhaltung des Anfangs war verschwunden. Fast alle wollten etwas loswerden.

Nach einer Pause hat sich der Saal verändert. Die 35 Stuhlkreise sind verschwunden. Jetzt sitzen alle in einem großen Kreis. In der Mitte ein Kerze, die Bischof Overbeck anzündet.

Nach Freude und Schmerz in der Kirche wurde nun gefragt. Zuhören war nun der Auftrag; keine Diskussion, sondern das Gesagte bleibt einfach stehen. - Nachdem der Erste das Wort ergriffen hatte, reihte sich Wortmeldung an Wortmeldung, das Forum kam richtig in Fahrt. Ein endlos scheinender Katalog von Schmerzen wurde ausgebreitet: Die neuen Pfarreistrukturen, Sakramentenverweigerung, Umgang mit Homosexualität, Kirche, die die Zeichen der Zeit verpasst, fehlende Strukturen zum „Andocken“ Jugendlicher, … . Aber viele bringen auch immer wieder zum Ausdruck, welche positiven Erfahrung die Gemeinschaft bringt.

Zum Schluss wandert das Wort noch einmal durch die Reihen. Wer wollte sprach seinen „tiefsten Wunsch“ für das Bistum Essen aus. Die Antworten waren breit gefächert. Schließlich heißt es, dass den vielen Worten nun auch Taten folgen müssten. Als Letzter ergriff Bischof Overbeck in der „lauschenden Runde“ das Wort. Er habe, wie alle anderen, einfach zugehört und die innere Berührung gespürt, sagte er und dankte allen, ganz besonders den Jugendlichen für die Offenheit und Deutlichkeit.

Die vertrauensvolle Atmosphäre und die tabulose Ansprache kontroverser Themen hatten die Teilnehmer stark beeindruckt. Was Wunder, dass daraus auch Hoffnungen für die noch anstehenden Themenforen geschöpft wurde.

B. Haske