Abriss der St. Winfried-Kirche

 

Acht Jahre stand sie da an der Bonifaciusstraße, aufgegeben, geschlossen, immer mehr dem Verfall preisgegeben: die St. Winfried-Kirche. Vor der Schließung, als die Gemeinde noch ums Überleben kämpfte, hatte der Zeichner schon eine Vision, was mit der Kirche geschehen werde, und er sollte Recht behalten. Im März rollte nun der Bagger an, riss zuerst das Pfarrhaus, dann das Kirchenschiff und zum Schluss den Turm nieder. Übrig geblieben ist eine wüste Fläche, von Steinen übersät. Mit der Kirche ging das Herz des Krayer Nordens.

 

Nach der Weihe im Jahre 1954 wuchs die als Tochtergemeinde der Pfarrei St. Barbara gegründete Gemeinde mit ihren mehr als 4000 Mitgliedern schnell zu einem geistigen und kulturellen Mittelpunkt im Krayer Norden heran mit zahlreichen Vereinen und Gruppierungen und blühender Jugendarbeit. Die Pfarrer Franz-Xaver Müller (1954 - 1977) und Ludger Füth (1977 - 1996) hatten an dieser Entwicklung großen Anteil.

 

Mit der Schließung der Zechen Bonifacius und Joachim Ende der sechziger Jahre sank die Zahl der Gemeindemitglieder rapide, so dass eine Auflösung der Winfriedgemeinde und eine Angliederung an die Gemeinde St. Elisabeth in Schonnebeck unvermeidbar schien. So sah es zumindest die bischöfliche Behörde. In St. Elisabeth haben nun die etwa 2000 Gläubigen  von St. Winfried eine neue Heimat gefunden.

 

Was wird nun aber aus den Ruinen entstehen? Der Plan, an der Bonifaciusstraße, dort wo die Kirche und das Pfarrhaus standen, eine Wohnanlage für Senioren zu errichten, hat sich zerschlagen. Stattdessen wird dort durch das "Internationale Bildungs- und Sozialwerk" ein Pflegeheim gebaut werden.

 

Auf dem Gelände des Pfarrheimes und des Tennisplatzes werden neun Doppel-Einfamilienhäuser entstehen und somit 18 jungen Familien als Heimat dienen. Die Kindertagesstätte ist von der Baumaßnahme nicht betroffen.

 

Immer wieder wird die Frage gestellt, was denn mit der Einrichtung der Kirche geschehen sei. Die Marienstatue, die Gewänder und die liturgischen Gegenstände hat St. Elisabeth übernommen. Die Monstranz und Pastor Füths Messkelch befinden sich im Ruhrmuseum auf Zollverein. Der Kreuzweg, die Lampen und die Chorstühle tun nun ihren Dienst im neuen Kloster der Karmeliterinnen in Riga (Lettland). Die Orgel, der Beichtstuhl , die Bänke und der Tabernakel wurden Gemeinden in Südpolen übergeben. Die Barbarafigur und der Wetterengel sind im Kindergarten St. Winfried. Der Engel soll dort bald wieder auf dem First seinen Dienst tun. Die Glocke wurde von einer Familie der Gemeinde erworben und hängt nun in ihrem Garten. Der Hl. Josef ist zu "seiner" Kirche nach Katernberg gekommen und die 24 kleinen Rundfenster der Rosette wurden ausgebaut, aufgearbeitet und an Gemeindemitglieder verkauft. Für die sieben großen Fenster und die Marmoraltäre konnte kein Abnehmer gefunden werden. Sie wurden beim Abbruch vernichtet.

 

Heinz Martini

 

Bilder: Werner Lindemann, Heinz Martini